Historie

Hier lesen Sie nachfolgend die Geschichte aller Höhen und Tiefen der Veranstaltungsreihe, die unter dem Namen OFFENES PALAIS – MUSIK UND KUNST IM GROSSEN GARTEN im September 2000 startete und vorerst am 9. Dezember 2022 nach 236 Veranstaltungstagen als OFFENES PALAIS unterwegs an sein Ende kam.

Beginn

„Als im Jahr 2000 Pläne bekannt wurden, die großen Räume des Palais im Großen Garten für Museumszwecke zu zerteilen, setzten der Musiker Thomas Friedlaender und der Kunsthistoriker Marius Winzeler eine spontane Idee in die Tat um, diese stattdessen für Konzerte zu öffnen. Schließlich verfügt das Palais über mehrere Säle, die sich bestens für Kammermusik eignen würden, was bei Dresdens chronischem Mangel an solchen Örtlichkeiten sicher eine dankbarere und dem Baudenkmal besser entsprechende Nutzung wäre. Unterstützung fand man bei den Staatlichen Schlössern, Burgen und Gärten, und so startete im September des Jahres 2000 die Reihe OFFENES PALAIS.

Plötzlich war der frühbarocke Bau, den man zuvor nur von außen bestaunen durfte, regelmäßig zugänglich, was das Publikum mit einem Ansturm quittierte. Dass es bei den ersten vier Konzerten auf Wunsch der Schlösserverwaltung nicht bleiben sollte, erwies sich für die Initiatoren zunächst als Überraschung, dann als Herausforderung, denn an eine längere Reihe hatten sie gar nicht gedacht. Schließlich fanden sie den Rhythmus, einmal monatlich jeweils am zweiten Dienstag ein Programm vorzustellen, und koppelten „Alte Musik“ – das spezielle Fach von Zinkenist und Trompeter Friedlaender – mit kunsthistorischen Vorträgen.

Nach und nach erweiterte man das musikalische Spektrum: Romantik, Moderne, Jazz, Improvisation kamen dazu,  …“ (Swantje Richter in den Dresdner Neueste Nachrichten)

Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten – Veranstalter ab Oktober 2000 bis Juni 2002

Nach den vier Auftaktveranstaltungen in Kooperation mit dem Schloßbetrieb fragte der damalige Geschäftsstellenleiter Uwe Michel und seine Mitarbeiterin Georgia Zwanzig uns nach Möglichkeiten, wie die Reihe ab Oktober 2000 wöchentlich (!) fortgeführt werden könnte, woraufhin wir uns einigten, eine Veranstaltung pro Monat zu realisieren. Mit Engagement und großartigem Einsatz etablierte der Schloßbetrieb daraufhin unter unserer künstlerischen Leitung die Kontiunität der Veranstaltungen.

Neuer Träger ab 2002

Neuer Veranstalter seit August 2002 wurde dankenswerterweise der Förderverein Palais Großer Garten e.V., in dessen Profil das Projekt perfekt passte, weil es vorbildlich das zweite Satzungsziel erfüllte: „… Verfolgung künstlerischer und kultureller Zwecke“. OFFENES PALAIS – MUSIK UND KUNST IM GROSSEN GARTEN wurde für den Erfolg des Fördervereins überwiegend von freischaffenden Mitwirkenden (die bekanntlich eher am unteren Ende der „Nahrungskette“ stehen) für geringe Aufwandsentschädigungen bestritten, die fortan zwei Veranstaltungen pro Tag schulterten. Der Verein wirkte zugleich jahrelang als wahrer „Förder“-Verein mit Herzblut und beeindruckendem Engagement sowie Eigenmitteln in Höhe von ca. 10-20% des Gesamtbudgets. Unser jährlicher Beitrag war die Erarbeitung des künstlerischen Konzeptes, deren logistische Umsetzung und die zusätzliche Einwerbung und Abrechnung von Fördergeldern, Spenden, Sponsor- und Kooperationsleistungen in Höhe von ca. 130.000 Euro bis zum Jahr 2019, wofür wir alle unsere beruflichen Fähigkeiten und Kontakte ehrenamtlich einbrachten. OFFENES PALAIS war erfolgreich etabliert, solide aufgestellt und wurde nach Außen auf das Engste mit dem Förderverein in Verbindung gebracht.

Trägerwechsel 2019 und Neustart 2020

Nach Ablehnung von Dialogwünschen, Moderationsangeboten und Vermittlungsversuchen kam es als Ausdruck eines schon lange schwelenden Generationenkonfliktes ab Januar 2019 zum Entzug des nötigen Vertrauens durch mehrfache Infragestellung der Satzungsfähigkeit von OFFENES PALAIS durch den Vorstand. Die langjährige Zusammenarbeit endete Ende Dezember 2019 ohne unsere Anhörung auf Beschluss der Mitgliederversammlung des Vereins, zu dessen Gründungsmitgliedern wir zählten. Der alte Vorstand wurde am Ende der Legislaturperiode von der Mitgliederversammlung ohne Aussprache bedingungslos entlastet.

Unser Wirken stand für sich. Trotz komplizierter finanzieller Rahmenbedingungen wurde OFFENES PALAIS ab Januar 2020 als weit gefasste weltoffene künstlerische Plattform erfolgreich mit einem neuen ehrenamtlichen Team und einigen freundlichen Damen der alten Veranstaltungsgruppe weitergeführt. Wir sind dankbar im Verein „Erkenne Dich selbst im Fremden e.V.“ einen neuen Träger gefunden zu haben.

Pandemie 2020 – 2022

Während der Corona-Pausen verzeichneten wir 16 abgesagte Veranstaltungstage – aber immerhin 17 Programme realisierten wir trotz der belastenden Pandemie-Einschränkungen: das Programm wurde „auf Sicht“ geplant, immer wieder geändert und flexibel angepasst. Wir wechselten vom südlichen Seitensaal haupsächlich in die größere „Mittelhalle“ und bespielen erstmals seit vielen Jahren sogar mehrfach den Festsaal im Obergeschoß des Palais. Neu waren gelegentliche Veranstaltungen auch außerhalb des Palais unter dem Namen „OFFENES PALAIS unterwegs“ und jeweils im September 2020 und 2021 sowie im Juli 2022 spielten wir auch unter freiem Himmel.

Das Ende im Großen Garten im Sommer 2022

Unsere Veranstaltungen im Palais Großer Garten wurden vom Eigentümer, Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsen gGmbH (SBG), ab Juli 2022 nicht mehr wie bisher kontinuierlich ermöglicht. Ohne Planungssicherheit zur Fortführung als kontinuierliche Reihe wurden wir nach drei schmerzhaften Coronapausen und nur drei Veranstaltungen im Jahr 2022 in eine neumonatige Pause geschickt, ohne die Aussicht ab Ende März 2023 eine wirkliche nachhaltige Perspektive zu erhalten. Vervielfachte Mietkosten und die Verdoppelung des Sicherheitspersonals ab 2021 während der Pandemieeinschränkungen waren zuvor schon ein erheblicher Schlag in das Kontor.

Am 28. Juni 2022 kam die Veranstaltungsreihe deshalb im Großen Garten zu ihrem Ende. Angesichts der erfolgreichen Zusammenarbeit und der Verdienste von SBG ist dies sehr bedauerlich. Die Situation ist Teil einer immer weiter voranschreitenden Verrechtlichung, Bürokartisierung und allgemein stattfindenden kulturellen Gentrifizierung: für kleine (aber feine) Kulturprojekte wie OFFENES PALAIS – die „Tante-Emma-Läden“ der Kunstszene, die ehrenamtlich mit vergleichsweise geringem Budget ein individuelles und hochwertiges Programm anbieten – wird es zunehmend schwerer bzw. unmöglich sich zu behaupten.

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Statement von Dr. Christina Siegfried, Intendantin des Heinrich Schütz Musikfestes | SCHÜTZ22 – „weil ich lebe“

Die Reihe „Offenes Palais“ hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten eine besondere Charakteristik entwickelt, die in Dresden wohl einzigartig ist, und dem Palais im Großen Garten, ihrem angestammten Ort, Leben eingehaucht. In dieser Zeit wurde die Veranstaltungsreihe zur kulturellen „Heimat“ für ihre treuen Besucherinnen und Besucher, die unvergessliche Stunden des gemeinsamen Erlebens genossen. Die mit Enthusiasmus konzipierte Reihe wurde durch das Engagement von vielen Ehrenamtlichen getragen, konnte sich nie auf eine institutionelle Absicherung verlassen. Allein das eine solch lange Zeit und auf solch kreative Weise aufrecht zu erhalten, ist bewundernswert. Über mehr als zehn Jahre hinweg war auch eine wunderbare Kooperation zwischen „Offenes Palais“ und dem Heinrich Schütz Musikfest gewachsen, die ganz wunderbare künstlerische Früchte getragen hat. Mit großem Bedauern und durchaus Unverständnis müssen wir jetzt zur Kenntnis nehmen, dass dies ein Ende findet.

Alle bisherigen 236 Veranstaltungen sind im ARCHIV dokumentiert.

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Bereits 2002 stand das Projekt vor einem scheinbaren Ende, wurde aber mit Ermöglichungshaltung vieler Beteiligter (FV PGG e.V. und SBG) weitergeführt und zwanzig weitere Jahre folgten.